Verlorenes Vernègues by Cay Rademacher

Verlorenes Vernègues by Cay Rademacher

Autor:Cay Rademacher [Cay Rademacher]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783832170127
Herausgeber: Dumont


Der Tote in der Burg

Die Nächte mit Pélestor und Fouquart steckten Blanc in den Knochen. Den Freitag hielt er sich im Büro mühsam wach und war dankbar, dass noch ein paar Flocken Schnee fielen und deswegen im Département sonst nicht allzu viel los war. Nkolou hielt es für notwendig, die Kollegen zu einer Besprechung zusammenzurufen, um, wie er das nannte, »einige Sprachregelungen« zu verkünden. Denn inzwischen beschwerten sich die ersten Beamten, dass sie selbst in ihrer Freizeit von Nachbarn oder Vereinskameraden mit ängstlichen Nachforschungen bedrängt würden, vor allem seit am vergangenen Abend eine Reportage bei France 3 im Fernsehen gelaufen war. Der Commandant gab vor: Kein Problem, alles unter Kontrolle, Wölfe stehen unter Naturschutz, wir kümmern uns um die Schäfer und nie, nie, niemals wird ein Wolf einen Menschen angreifen.

Blanc musste nicht ein einziges Mal für einen Einsatz die Gendarmerie-Station verlassen. Er hatte Zeit, Fabienne und Marius von dem Ausflug mit dem Ufologen zu erzählen. Fouquart hatte ihm noch gesagt, dass er die SD-Karte aus der Kamera auf seinen Computer kopieren würde. Blanc bereute es, an jenem Morgen keine eigene Kopie des Fotos gemacht zu haben – seine beiden Kollegen wollten ihm die Geschichte mit den leuchtenden Wolfsaugen einfach nicht glauben. Marius hielt das für irgendeine optische Täuschung. Und Fabienne war sicher, dass Fouquart selbst die Augen in die Datei hineinkopiert hatte, um sich über Blanc lustig zu machen.

Abends nahm ihn vor der Tür seiner alten Ölmühle in Sainte-Françoise-la-Vallée Jacques in Empfang. Der Hund schien genauso müde zu sein wie Blanc, wahrscheinlich hatten ihn die langen Touren mit Paulettes Pferden erschöpft. Blanc hatte sich auf der Rückfahrt von Gadet in der Boulangerie die letzten beiden Stücke Pizza gekauft, die er nun mit Jacques teilte, während er auf das Feuer im Kamin blickte. Der Hund rollte sich zusammen und schlief ein. Blanc betrachtete ihn neidisch. Er sehnte sich nach Schlaf, doch fürchtete er ihn auch. Er hatte Angst, von Wölfen zu träumen. Irgendetwas machte ihn unruhig. Ist doch eigentlich gar nichts passiert, versuchte er sich einzureden, ein paar tote Schafe, das ist streng genommen nicht mal ein Fall für die Gendarmerie. Und Nkoulou hatte doch recht: Wölfe sind ganz normale Tiere, und die hat es schon immer gegeben, oder nicht? Die abgetrennten Wildschweinköpfe am Haus von Sandy Hulot waren zwar eine niederträchtige Tat, doch, mon Dieu, er hatte in seiner langen Karriere schon ganz andere Verbrechen aufklären müssen. Und trotzdem nagte in ihm das Gefühl, irgendetwas Entscheidendes übersehen zu haben. Den Wolf neben seiner Schulter, war es das? Oder noch etwas ganz anderes?

Er grübelte so lange, bis er irgendwann erstaunt feststellte, dass das Feuer niedergebrannt war. Und er war jetzt so erschöpft, dass er nicht mehr die Kraft aufbrachte, die Treppe hoch bis ins Schlafzimmer zu steigen. Morgen war Samstag, kein Dienst, er konnte sich wenigstens einmal gehenlassen. Also legte er bloß seine Füße hoch und schlief angekleidet auf dem alten Sofa im Wohnzimmer ein.

Das Handy.

Blancs erster Gedanke war ein Fluch: Er hatte vergessen, den Wecker seines Nokias auszustellen, und es hatte ihn an einem Samstagmorgen um sechs Uhr geweckt wie an jedem anderen verdammten Wochentag.



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